Investitionsrechnung

Investitionsrechnung

Entscheidungshilfen zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen

Werkzeug- und Formenbau ist ein sehr kapitalintensives Unterfangen. Dementsprechend sind Investitionsentscheidungen nicht nur immer wiederkehrende Aufgaben der Geschäftsführer, sondern oft auch mitbestimmend für den zukünftigen Erfolg der Betriebe. Sie haben normalerweise langfristige Auswirkungen, binden Kapital und schränken die unternehmerische Flexibilität erheblich ein.
Fehlinvestitionen sind kurzfristig meist kaum zu korrigieren und können oft nur unter erheblichen Nachteilen rückgängig gemacht werden. So haben Investitionen maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und den Fortbestand der Unternehmen.

Bei einer Investition werden flüssige Mittel in Sachgüter, Finanzanlagen, Leistungen oder
Forderungen umgewandelt. Den folgenden Ausführungen liegt ein enger Investitionsbegriff zugrunde, wobei Produktionsanlagen (Maschinen, Fahrzeuge, Liegenschaften, usw.) im Vordergrund stehen.

In der betriebswirtschaftlichen Theorie unterscheidet man grundsätzlich in statische und dynamische Verfahren sowie in die Methoden der Modellansätze.

 

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Übersicht der bekannten Investitionsrechnungsverfahren

 

Das Thema Investitionsrechnung füllt dabei ganze Fachbücher und wird häufig sehr theoretisch behandelt. Hier ist es das Ziel, dem Leser eine praxistaugliche Hilfestellung an die Hand zu geben. Aus diesem Grunde konzentrieren wir uns im Weiteren auf einen Nukleus aus dieser Vielzahl an Methoden. Auf eine tiefere Behandlung finanzmathematischer Methoden wird verzichtet und diesem Artikel liegt nicht der Anspruch auf Vollständigkeit zu Grunde. Vielmehr geht es hier darum, eine Hilfestellung für Investitionsentscheidungen zu geben.

Entscheiden heißt letztendlich immer das Vergleichen von Handlungsalternativen. Gerade im Umfeld des Werkzeug- und Formenbaus sind Investitionsentscheidungen meist nicht rein finanzmathematische Prozesse sondern haben vielschichtige andere Facetten strategischer Art zu berücksichtigen.

Statische Verfahren

Am häufigsten begegnet man in der Werkzeug- und Formenbau Praxis den statischen Investitionsrechnungsansätzen. Diese sind leicht verständlich und mit wenig Aufwand einfach anzuwenden. Sie taugen eher im Sinne einer Faustregel und der Nachteil liegt darin begründet, dass sie ein periodisch – also ohne Berücksichtigung des Zeitfaktors – angewendet werden. Dies bedeutet, dass man sich mit Durchschnittswerten zufriedengeben muss.

Rentabilitätsrechnung

Die Rentabilitätsrechnung vergleicht den durchschnittlichen

Jahresgewinn mit dem durchschnittlich eingesetzten Kapital. Hiermit lassen sich unterschiedliche Investitionsvorhaben beurteilen.

formel 1Amortisationsrechnung (Payback-Methode)

Mit der Amortisationsrechnung – auch als Pay back- oder Pay off-Methode bezeichnet – wird die Anzahl Jahre berechnet (Amortisationsdauer), die bis zum Rückfluss einer investierten Geldsumme (Cashflow) verstreicht. Ist die Wiedergewinnungszeit kürzer als die Nutzungsdauer, lohnt sich die Investition.

formel-2.png

 

Die Amortisationsdauer gibt Aufschluss über die Liquiditätswirksamkeit einer Investition. Je kürzer die Wiedergewinnungszeit, desto rascher stehen die investierten Mittel wieder zur Verfügung.

Beurteilung statischer Berechnungsmethoden

Bei den statischen Investitionsrechnungsverfahren handelt es sich um einfache Methoden mit leicht zu verstehenden Rechenwegen. Die notwendigen Informationen sind verhältnismäßig einfach zu beschaffen.

Zusammenfassend sollen hier einige grundlegende Nachteile nochmals kurz dargestellt werden:

  • Zeitliche Unterschiede in Bezug auf effektive Ein- und Auszahlungen bleiben weitgehend unberücksichtigt. Für eine Unternehmung spielt dieser Aspekt nicht nur bezüglich der Liquidität, sondern auch der Rentabilität eine Rolle. Je weiter der Einzahlungsüberschuss in der Zukunft liegt, desto so geringer wird die Rentabilität.
  • Die Betrachtung einer einzigen Periode und somit die Rechnung mit Durchschnittswerten ist eine Vereinfachung, die nicht der betrieblichen Wirklichkeit entspricht.
  • Die effektive Nutzungsdauer bleibt unberücksichtigt.
  • Innerbetriebliche Interdependenzen werden nicht in die Betrachtung einbezogen.

Die statischen Investitionsrechnungen eignen sich allenfalls als Entscheidungshilfe für kleinere Investitionen welche wenig innerbetriebliche Abhängigkeiten aufweisen.

Dynamische Verfahren

Diese theoretisch anspruchsvolleren Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie die zeitlich unterschiedlich anfallenden Zahlungsströme über den gesamten Nutzungszeitraum berücksichtigen.

Dynamische Verfahren betrachten – im Gegensatz zu den statischen Verfahren – nicht nur ein Durchschnittsjahr, sondern die gesamte Nutzungsdauer und berücksichtigen die zeitlich anfallenden der Zahlungsströme mittels Zinseszinsrechnung (Diskontierung).

Dem liegt zu Grunde, dass heute verfügbares Geld mehr wert ist als künftiges. Mit den heute bereits verfügbaren Geldmitteln kann gearbeitet werden, es kann beispielsweise zins- oder gewinnbringend angelegt werden.

Kapitalwertmethode

Bei den dynamischen Modellen fallen Zahlungen zu verschiedenen Zeitpunkten an. Da die Werte der Zahlungen auch vom Zahlungszeitpunkt abhängen, ist es notwendig diese zu diskontieren (abzinsen). Bei der Kapitalwertmethode wird die Summe der abgezinsten Überschüsse der Nettoinvestition (Kapitaleinsatz) gegenübergestellt.

 

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Der Kapitalwert EQUATION: Equationentspricht dem Barwert aller zukünftigen geschätzten Einzahlungen EQUATION: Equationund Auszahlungen EQUATION: Equation zum Zeitpunkt EQUATION: Equation.

grafik 2

Grundsätzlich gilt, eine Investition ist lohnend, wenn ihr Kapitalwert größer Null ist. Bei mehreren betrachteten Investitionsalternativen ist die am vorteilhaftesten, welche den höchsten Kapitalwert ergibt.
Etwaige Liquidationserlöse am Ende der Nutzungsdauer werden ebenfalls diskontiert zum Liquidationszeitpunkt berücksichtigt.

Der Kapitalwert wird im Wesentlichen durch die Höhe des Kalkulationszinsfußes sowie der Höhe und der zeitlichen Verteilung der Cashflows beeinflusst. Deshalb sei hier nochmal ein Gedanke an den Kalkulationszinsfuß gewidmet. Häufig erlebt man die Diskussion, welcher Zinssatz angemessen ist. Hierbei handelt es sich bei der Betrachtung von Investitionsvorhaben um einen unternehmerischen Akt und der Zinssatz sollte unter unternehmerischen Aspekten festgelegt werden. Der Ansatz der erwarteten Eigenkapitalrendite erscheint als stimmig und dürfte sich im Mittel zwischen 8% und 12% bewegen. Weshalb dieses so ist und in welcher Höhe dieser Wert angemessen erscheint führt zu einer längeren Diskussion welche hier den Rahmen sprengen würde. Gerne beantworte ich Fragen diesbezüglich aber im Blog.

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Beispiel einer Investitionsrechnung nach Kapitalwertmethode

Das gezeigte Beispiel vergleicht zwei Investitionsmöglichkeiten. Maschine 1 mit einer geplanten Nutzungsdauer von 7 Jahren, Restwert 12.000 EUR und Anschaffungskosten von 250.000 EUR und Maschine 2 mit einer geplanten Nutzungsdauer von 10 Jahren, einem Restwert von 15.000 EUR und Anschaffungskosten von 350.000 EUR. Der interne Zinsfuß wird mit 10% angesetzt. Einnahmen und Ausgaben sind exemplarisch abgebildet.

Die Alternative der Maschine 2 ist vorteilhafter als Maschine 1, denn hier verbleibt bei einer Verzinsung von 10% ein Überschuss von 87.462,20 EUR gegenüber dem Kapitaleinsatz. Die Alternative Maschine 1 erreicht die verlangte Mindestverzinsung nicht, der Kapitalwert ist negativ. (Die Beispieldatei kann auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden)

Auf die Vorstellung weiterer dynamischer Rechenverfahren wird hier verzichtet.

Beurteilung dynamischer Berechnungsmethoden

Durch Diskontierung wird der zeitliche Anfall der Zahlungsströme in der Berechnung berücksichtigt. Zudem wird durch dynamische Investitionsrechnungsverfahren der ganze Lebenszyklus einer Investition abgebildet und Durchschnittswerte werden vermieden. Diese Verfahren sind jedoch auch anspruchsvoller in der Umsetzung als die statische Verfahren und die Resultate sind schwieriger zu interpretieren. Eine gewisse Unschärfe bleibt dennoch bestehen und etwaige Risiken bleiben auch hier ohne Berücksichtigung.

Modellansatz

Sowohl statische und vor allem dynamische Investitionsrechnungsverfahren haben natürlich eine Daseinsberechtigung. In der Regel ist im Werkzeug- und Formenbau die Verwendung der dynamischen Methoden, wie der gezeigten Kapitalwertmethode, zu empfehlen.

Wenn es sich jedoch um größere Investitionsvorhaben handelt, welche vom Charakter her von existenzieller Bedeutung für das Unternehmen sind und zudem längere Inbetriebnahme Phasen und Unsicherheiten in sich bergen, versagen oft auch diese dynamischen Verfahren. So ist es in solchen Fällen dann anzuraten, den Business Case isoliert im Sinne eines Modellansatzes (Planrechnung) zu modellieren.

Diese Verfahren schließlich versuchen mit entsprechenden Planrechnungsmodellen einen möglichst realitätsnahen betriebswirtschaftlichen Ablauf der Installation und der Betriebsphase der Investition zu berücksichtigen. Dabei werden sowohl die Phase der Inbetriebnahme, die Finanzierung, Veränderungen des Umlaufvermögens und der operative Betrieb über die Nutzungszeit in einem Modell abgebildet. Etwaige Risikofaktoren können so parametrisch mitberücksichtigt werden und zur Entscheidungsfindung entsprechende Szenario- und Sensitivitätsanalysen betrachtet werden.

Diese Herangehensweise ist mit etwas höherem Aufwand verbunden als die zuvor gezeigten statischen und dynamischen Investitionsrechnungsansätze. Dabei empfiehlt sich der Einsatz von üblichen Financial Modelling Standards zur effiziente, schnelle Modellerstellung mit weniger Fehlern. Diese „Best Practice“ Modelling-Prinzipien sind universell nutzbar für alle Arten von, zum Beispiel Excel-basierter, Planungsmodelle.

Ganz von Null weg muss man auch hier nicht beginnen, so ist anzuraten auf bestehende Planungsmodellvorlagen zurück zu greifen. Ein solches Vorlagenmodell welches hier nun exemplarisch skizziert wird stammt von „fimovi“ (Smart Cap GmbH). Dazu gibt es eine ausführliche Beschreibung und einen Videokurs zu dem Modell. Meist erscheint jedoch Unterstützung von erfahrenen Modellierern für die sinnvollere Vorgehensweise, sollte man nicht ständig mit dergleichen Modellansätzen arbeiten wollen.

Mithilfe dieses Modells lassen sich die Rentabilität des Investitionsvorhabens, der tatsächlich Kapitalbedarf sowie die Kapitaldienstfähigkeit des Unterfangens und Vieles andere mehr ermitteln. Das zu berechnende Vorhaben wird in eine „Cons“-Phase und eine „Ops-Phase unterteilt. Dabei beschreibt die Ops-Phase den Aufbau und die Inbetriebnahme und die Ops-Phase dann im Anschluss den Betrieb über die Nutzungsdauer selbst.

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Die Gegenüberstellung von Mittelherkunft und Mittelverwendung hat zunächst nur informativen Charakter. Kapitaldienst-Kennzahlen und vor allem die ausgewiesene Eigenkapitalrendite stellen weitere Grundlagen zur Beurteilung und Entscheidungsfindung der analysierten Investition dar. Auch wird in diesem Modell der Kapitalwert wie zuvor in der dynamischen Investitionsrechnung gezeigt berechnet und kann analysiert werden.

Es ist unbedingt empfehlenswert, sich über Risiken und Unschärfe der Annahmen Gedanken zu machen. So lassen sich die wesentlichen Risikofaktoren parametrisieren und in eine Szenario Analyse packen. In gezeigtem Beispiel wurden nebst dem Base Case noch drei weitere Szenarien definiert. Ein eher schlechteres Worst Case Szenario, in dem eine 10%ige Reduktion des erzielbaren Stundensatzes, ein höherer Kapitalbedarf und höhere Fremdkapitalzinsen angesetzt wurden. Das Best Case sowie das Special Case Szenario variieren die Eingangsgrößen entsprechend. Hier wäre es beispielsweise auch möglich zwei oder mehrere Investitionsalternativen abzubilden. Der Vorteil ist, dass man relevante Kennzahlen auf einem Blick erfassen und sehen kann, welche Variante besser funktioniert respektive welche möglicher Weise ein Problem darstellt.

Das hier gezeigte Szenario Worst Case erfüllt eines der zu Grunde gelegten Kriterien nicht. Der Schuldendienstdeckungsgrad (DSCR) hält über die Nutzungsdauer nicht stabil die vorgegebene Mindestgröße, die Investition unter diesen Rahmenbedingungen wäre zumindest nochmals im Detail zu betrachten.

Fazit

Mit etwas mehr Aufwand als mit anderen Investitionsrechnungsmethoden kann ein Fachmann durch das Ausmodellieren der Investitionssituation eine deutlich genauere Entscheidungsgrundlage schaffen. Hierbei lassen sich spezifische Kennzahlen ermitteln und etwaige Risiken durch Szenario-Betrachtungen analysieren. Nebst der bloßen Rentabilität auch Sachverhalte wie die Liquidität, die Kapitaldienstfähigkeit und bilanzielle Effekte abgebildet. Solch ein Modell kann nach der Investitionsentscheidung auch dazu verwendet werden um die tatsächlich sich ergebenden IST-Werte mit dem geplanten SOLL zu vergleichen und stellt somit ein sehr sinnvolles Mess- und Steuerinstrument dar.

Letztendlich sind Investitionen stets unternehmerische Wetten auf die Zukunft und es bleibt am Ende eine Herausforderung für den Unternehmer und die Führungskräfte, die richtigen Entscheidungen für die Zukunft des Unternehmens zu treffen. Freilich spielen dabei auch strategische Überlegungen und Erfahrung eine bedeutende Rolle welche auch eine noch so umfangreiche gestaltete Investitionsrechnung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm nicht leisten kann. Investitionsentscheidungen sind Unternehmeraufgaben und das ist auch gut so. Dennoch stellen die Methoden der Investitionsrechnung eine nicht wegzudenkende Unterstützung des unternehmerischen Entscheidungsprozesses dar. Sie geben Auskunft zu den zwei wesentlichen Fragestellungen der Betriebswirtschaft: Wie viel? Und Wann?

Als solche sollten diese Möglichkeiten auch verstanden und genutzt werden.

 

Über den Autor:

Als Experte des Kosten- und Leistungsrechnen und mit mehr als 35 Jahre Erfahrung im Werkzeug- und Formenbau berät Dr. Claus Hornig Unternehmen in strategischen und kaufmännischen Belangen. In seinem Blog BWL4WZB (www. bwl4wzb.blog) beschäftigt er sich mit den spannenden betriebswirtschaftlichen Themen rund um die Branche.

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